Die Statue des Propheten Elija in der Vatikan-Basilika
P. Silvano Giordano

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Im Jahr 1668 baten die Generaloberen der wichtigsten Ordensgemeinschaften die Kongregation des Bauamtes von St. Peter um die Erlaubnis, in die noch leeren Nischen der Säulen der Vatikanischen Basilika die Statuen der jeweiligen Gründer der Institute stellen zu dürfen. Die Bitte wurde gewährt, und die Verantwortlichen des Bauamtes behielten sich das Recht vor, die Nischen nach eigenem Gutdünken zuzuweisen. Die erste Statue, die in einer Nische aufgestellt wurde, war die des hl. Dominicus Guzmán, des Gründers der Dominikaner, im Jahr 1706; es folgte die des hl. Franziskus im Jahr 1725 und dann die des Elija.

Am 26. Juni 1725 gewährte Benedikt XIII. den Karmeliten die Erlaubnis, in der Vatikanischen Basilika die Statue des Elija aufzustellen, und zwar in der Nische zwischen dem hl. Dominikus und der hl. Helena. Auf dem Sockel wurden die Worte eingraviert: "Universus Ordo Carmelitarum Fundatori suo S. Eliae Prophetae erexit" (Der gesamte Orden der Karmeliten errichtete diese Statue seinem Gründer, dem hl. Propheten Elias.). Die Kosten für die Statue und für die Aufstellung in der Basilika sollen vom Karmelitenorden getragen werden.

Für die Ausführung der Arbeit gewannen die Karmeliten den Bildhauer Agostino Conacchini, einen in der Stadt Rom zu Beginn des 18. Jh. sehr berühmten Künstler. Er wurde zu Pescia in der Toskana am 26. August 1686 geboren und begann im Jahr 1712 in Rom zu arbeiten.

Die Verhandlungen mit dem Künstler konnten am 23. Juli 1725 abgeschlossen werden. Die Karmeliten waren dabei vertreten von den Generalprokuratoren der Beschuhten und der Unbeschuhten Karmeliten von der spanischen und italienischen Kongregation. Der Künstler versprach, die Statue innerhalb von zweieinhalb Jahren fertigzustellen und sie an dem zugewiesenen Platz in der Basilika aufzustellen. Die Kosten von insgesamt 3.800 römischen Scudi wurden zu gleichen Teilen von Beschuhten und Unbeschuhten Karmeliten getragen.

Mitte Juli 1727 wurde die Statue an ihrem Platz aufgestellt und feierlich enthüllt. Vom 13. bis 20. Juli, dem liturgischen Fest des Propheten, begingen die Karmeliten dieses Ereignis in festlicher Weise.

Eine lange Streitfrage, in der der Karmelitenorden die Hauptfigur war, konnte durch die Aufstellung der Statue in der Vatikanischen Basilika glücklich beendet werden. Im 17. Jh. hatte die überlieferte Geschichtsschreibung des Ordens schon die feste Überzeugung geprägt, daß die Karmeliten direkt von Elija abstammten und der Orden sich von den Zeiten des Propheten an in ununterbrochener Nachfolge weiterentwickelt hatte.

Als dann die Methode der kritischen Geschichtsschreibung auch bei den Quellen der Heiligenleben angewandt wurde, geriet im Zusammenhang mit Elija manches ins Wanken. Vor allem eine Gruppe von Jesuiten, die Bollandisten, war es, die im Jahr 1643 mit der Veröffentlichung der Acta Sanctorum begann und dabei streng darauf bedacht war, die authentischen Texte von den legendären zu unterscheiden. Im Band, der die Heiligen des Monats April beschrieb, äußerte der Bollandist Daniel Papenbroeck all seine Zweifel und Bedenken wegen des so fest und sicher behaupteten Ursprungs der Karmeliten. Die Karmeliten zeigten sein Werk im Jahr 1691 bei der Inquisition an. Es folgte eine Zeit, in der die Streitfrage in Schriften diskutiert wurde. Einige Jahre später - 1695 - verurteilte die spanische Inquisition 14 Bände der Acta Sanctorum.

Damit war der Streit jedoch noch nicht zu Ende. Sowohl die Karmeliten als auch die Bollandisten wandten sich an den König von Spanien, Karl II. Als Papst Innozenz XII. sah, daß eine Entscheidung zugunsten der einen oder der anderen Partei unmöglich war, erließ er die Bulle "Redemptoris", durch die er den beiden Parteien Schweigen auferlegte, ohne sich jedoch zugunsten der einen oder der anderen Gruppe auszusprechen.

Indem Benedikt XIII. das Aufstellen der Statue des Elija in der Basilika erlaubte, handelte er der Verfügung seines Vorgängers, Innozenz XII. ausdrücklich zuwider. Dies wurde von vielen Zeitgenossen als stillschweigendes Einverständnis mit der traditionellen Überzeugung der Karmeliten angesehen.

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